Strandkrabbe (Carcinus maenas)

EN: Shore crab NL: Strandkrab DK: Strandkrabbe
Kurzbeschreibung Prominentester Krebs der Wattenmeerküste, recht wehrhaft
Teilsteckbriefe Bein Strandkrabbe
Häutung Strandkrabbe
Eipaket der Strandkrabbe
Rotfärbung Strandkrabbe
Missbildung Schere
Panzer Strandkrabbe
Kiemenblätter Krabbe
Schere Strandkrabbe
Kindersteckbrief Die Strandkrabbe ist eine „Schlüsselart“ im Wattenmeer, denn sie tritt häufig auf, beeinflußt als Räuber viele andere Arten und ist selbst eine wichtige Beute für Vögel & Fische. Im ersten Lebensjahr wachsen die Krabben bis zu einer Breite von etwa 1,5 cm heran und wandern dann zur Überwinterung in tiefere Wasserzonen. Ab April erscheinen sie wieder im Watt. Sie wandern mit jeder Flut zur Nahrungssuche auf die Wattflächen. Würmer, Muscheln und Schnecken gehören ebenso zur Nahrung wie Aas und Algen. Auch Kannibalismus ist an der Tagesordnung, besonders gegenüber frisch gehäuteten Tieren. Die Paarung erfolgt im Sommer, nachdem das Männchen das Weibchen 4 Tage mit sich herumgetragen und auf ihre Häutung gewartet hat. Die 200.000 Eier trägt das Weibchen unter dem Schwanz mit sich umher.
Fundhäufigkeit 325 Fundmeldungen , Verbreitungskarte
Verbreitung
Nordsee, Ostsee, Atlantik Vom Mittelmeer über Atlantik und Nordsee bis in die westliche Ostsee (Rügen)
Status
heimisch
Klimaanspruch
wohl wenig empfindlich Die Art ist vermutlich gegen Temperaturänderungen wenig empfindlich
Größe und Alter
5 - 7 cm Panzerbreite, Alter wohl 4 - 12 Jahre Mit 4 Jahren ist die Krabbe bei 7cm Panzerbreite (Männchen) bzw. 5cm (Weibchen) ausgewachsen. Die Schätzungen für das Höchstalter schwanken zwischen 5 und 12 Jahren.
Aussehen
Panzer verschiedenfarbig, Hinterbeine ohne Paddefußl Typische Krabbengestalt mit breitem, etwa fünfeckigem Rückenpanzer und untergeschlagenem Schwanz. Scheren kräftig mit stumpfen Zähnchen und feinen dunklen Punkten. Vier Paar Laufbeine, das letzte Hinterfußglied nur schwach verbreitert. Jungkrabben bis 2 cm Breite können trotzdem durch schnelle Beinschläge frei im Wasser schwimmen. Farbe oben braun bis olivgrün, unten gelb oder weißlich, manchmal ganzes Tier rötlich verfärbt. Im Felswatt von Helgoland zwischen Braunalgen sind die Tiere stets dunkel, während sie im Watt deutlich heller sind. Die Jungtiere können sehr kontrastreich gemustert sein, sogar mit weißen Flecken. Die Geschlechter unterscheiden sich in der Form des Schwanzschildes: bei Weibchen ist er breit rundlich mit 5-7 sichtbaren Segmenten, bei den Männchen spitz dreieckig mit 3 - 5 Segmenten. Junge Strandkrabben zeigen oft auffallende Farbmuster auf dem Panzer, die von weiß über grün und braun bis schwarz reichen. Sie dienen der optischen Auflösung der Körperform und schützen besonders auf kontrastreichen Untergründen vor dem Entdecktwerden durch Freßfeinde. Durch Wegfraß bleiben nur die farblich zum jeweiligen Untergrund passenden Exemplare übrig, daher dominieren im Watt sandfarbige Tiere, im Algenbestand von Felsküsten olivgrüne Tiere.
Lebensweise Im Sommerhalbjahr wandern die Krabben mit den Gezeiten auf die Wattflächen und zurück in die Priele. Ein Teil der Tiere vergräbt sich allerdings auch im Sand oder unter Tang und Muscheln und überdauert dort das Trockenfallen, insbesondere die Jungtiere. Im Oktober verlassen die Krabben das trocken fallende Watt und überwintern in tieferem Wasser. Ab April kehren sie wieder zurück. Strandkrabben sind sehr resistent gegen niedrige Salzgehalte (bis 0,4 %) und auch gegen Trockenheit. Sie können bei bedecktem Himmel oder nachts stundenlang an der Luft überleben und z.B. in Salzwiesen umherlaufen - falls sie nicht zwischenzeitlich von einer Möwe erbeutet werden. Die unter dem Panzer liegenden Kiemen (6 Paare) werden von seitlich einströmendem Wasser mit Sauerstoff versorgt. Durch spezielle Mundwerkzeuge (2. Maxille) wird der Atemwasserstrom nach vorne hinausgepumpt. Angegriffene Strandkrabben richten sich auf und schlagen mit den Scheren nach dem Angreifer. Werden sie an einem Bein oder einer Schere gepackt, können sie diese an einer Sollbruchstelle abwerfen und zu fliehen versuchen. Abgetrennte Gliedmaßen wachsen nach und sind nach drei Häutungen in nahezu der ursprünglichen Größe wieder da. An leeren Rückenpanzern der Krabben kann man erkennen, ob der Krebs gestorben ist, oder ob es sich um ein Häutungshemd handelt: Die Seitenteile zwischen Panzerkante und Beinansatz tragen eine geschwungene, fein gepunktete Linie. Entlang dieses "Reißverschlusses" öffnet sich bei der Häutung der Panzer. Falls die Seitenteile über die Sollbruchstelle hinaus bis zur verstärkten Unterkante noch zusammenhängen, hat die Krabbe unplanmäßig Panzer und Leben eingebüßt.
Nahrung Strandkrabben sind gefräßige Räuber, die auch Muscheln der eigenen Körpergröße und die dickschaligen Strandschnecken aufknacken können. Daneben erbeuten sie Borstenwürmer, Kleinkrebse, Fische, Aas und frisch gehäutete Artgenossen. Algen können ebenfalls gefressen werden, insbesondere von Exemplaren, die beide Scheren eingebüßt haben sowie von Jungtieren. Männliche Krabben fressen meist Mollusken, die Weibchen leben eher von den nahrhafteren Borstenwürmern. Insgesamt konsumieren Strandkrabben etwa 10 % der Biomasseproduktion im Watt.
Feinde Die Strandkrabbe hat viele Feinde und Parasiten. Bis zu einer Breite von 1 cm müssen die Krabben vor allem Fische und kannibalische Artgenossen fürchten. Möwen und Große Brachvögel verfolgen die größeren Krabben bei Ebbe, Scholle, Aal und Kabeljau unter Wasser. An inneren Parasiten sind neben Saugwurmlarven, die die Krabbe als Zwischenwirt nutzen, besonders der Wurzelkrebs (Sacculina) zu nennen. Dieser lebt als wurzelförmiges Geflecht im Krabbenkörper und bildet unter dem Schwanz der Krabbe einen glatten, gelben oder braunen Eisack. Viele der Parasiten hemmen die Häutungen der Krabbe. Durch Überalterung verfärbt sich der Panzer rot und wächst mit Seepocken etc. zu, woran parasitierte Exemplare im Freiland oft zu erkennen sind.
Fortpflanzung Die Paarung ist bei Strandkrabben wie bei fast allen Krebsen nur möglich, wenn sich das Weibchen frisch gehäutet hat. Um rechtzeitig zur Stelle zu sein, tragen Männchen im Sommer die meist kleineren Weibchen einige Tage vor deren Häutung mit sich umher. Bei der Paarung liegt das Weibchen Schwanz an Schwanz unter dem Bauch des Männchens. Zum Winter hin legt das Weibchen dann bis zu 200.000 orange-gelbe Eier, die es an den umgestalteten Hinterbeinen unter dem Schwanzschild fest heftet. Die ab April schlüpfenden Schwimmlarven durchlaufen fünf Entwicklungsstadien im Plankton (Zoea, Megalopa), ehe sie zum Bodenleben übergehen. Im Hochsommer kann das Watt von den 3 mm breiten Jungkrebsen wimmeln. Jeder Wachstumsschritt bei Krebsen erfordert eine Häutung, bei der der alte Panzer abgestoßen wird. Der neue, noch dehnbare Panzer befindet sich bereits unter dem alten und wird nach Verlassen der "Ritterrüstung" durch Wasseraufnahme aufgepumpt. Dann erhärtet das Chitinskelett durch Kalkeinlagerung innerhalb eines Tages. Im ersten Jahr erfolgen etwa 10 Häutungen, später nur noch wenige bis eine pro Jahr.
Jahreszyklus Der Juli ist der Monat des Überflusses im Wattenmeer: junge Krebse, Fische und Muscheln sind massenweise in den warmen Pfützen im Watt anzutreffen. Besonders auffällig ist das Krabbeln der kleinen Strandkrabben, die nun auf jedem Quadratmeter Wattboden zu finden sind. Die Babykrabben sind im April und Mai aus den Eieren geschlüpft, haben eine vierwöchige Larvenphase im Plankton hinter sich gebracht, und sind im Juni bei einer Breite von 3 mm zum Bodenleben als Krabbe übergegangen. Für uns als eher oberflächliche Beobachter fallen sie aber erst jetzt im Juli auf, wenn sie 5 mm Panzerbreite erreichen.
Nutzung Kann in der Fischerei lästig werden, da die Krabben sowohl gefangene Fische anfressen als auch Köder vom Haken fressen. In England und Italien werden Strandkrabben auch in Suppen verwendet.
Hätten Sie gedacht, dass...
... die Strandkrabbe zur Familie der Schwimmkrabben gehört, was daran erkennbar ist, dass Jungtiere mit flinken Beinschlägen schwimmen können?
  • ... die größeren Strandkrabbenmännchen eher Muscheln und Schnecken knacken, während die kleineren Weibchen bevorzugt Würmer fressen?
  • ... die Strandkrabben alljährlich 10 % der Biomasse im Watt auffressen?
  • ... größere Strandkrabben sich bevorzugt unter den Tangbüscheln von Muschelbänken verstecken, weil die Vögel sie dort nicht so leicht finden?
  • ... an Miesmuschelbänken ohne Blasentang im Juli fast 1000 Jungkrabben pro m2 auftreten können, weil sie dort vor Artgenossen sicher sind?
  • ... abgerissene Beine und Scheren der Krebse nachwachsen können? Nach etwa vier Häutungen hat das Ersatzglied die Ursprungsgröße erreicht.
  • ... man Strandkrabben an Ufermauern "angeln" kann, indem man eine geknackte Muschel mit einer Wäscheklammer an einer Schnur als Köder hinab lässt?
  • ... man großen Krabben - um nicht gekniffen zu werden - oberhalb der Beine seitlich am Panzer mit Daumen und Zeigefinger greifen sollte?
Klassifikation Zehnfußkrebse
Strandkrabbe in der WoRMS-Datenbank
Steckbriefbild:

Bildinformationen: Strandkrabbe

Autoren Rainer Borcherding
Lizenzbesitzer Schutzstation Wattenmeer
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Lizenz cc-by-sa 3.0
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