Gewöhnlicher Herzigel (Echinocardium cordatum)

EN: Sea potato NL: Hartegel; zeeklit DK: Almindelig sømus
Kurzbeschreibung Zerbrechlicher Sandbewohner aus dem Nordseegrund
Teilsteckbriefe Herzigelstacheln
Herzseeigel Bauchplatte
Fundhäufigkeit 490 Fundmeldungen , Verbreitungskarte
Status
heimisch
Klimaanspruch
wohl wenig empfindlich Die Art ist vermutlich gegen Temperaturänderungen wenig empfindlich
Aussehen
Herzförmig, seitliche Füßchenreihen deutlich eingesenkt Die angespülten leeren Schalen sind schmutzig weiß oder beige. Die Form ist oval mit verschiedenen flachen Furchen sowie Doppelreihen von feinen Löchern. Der Umriss erinnert entfernt an ein Herz. Unterseits besitzt die Schale eine Mundöffnung (zentral) und eine Afteröffnung (am Rand). Das lebende Tier trägt einen anliegenden Pelz dünner Stacheln, die jedoch in der Brandung schnell abgerieben werden.
Lebensweise Im Boden wühlen Herzigel sich etwa 15 cm stündlich vorwärts. Dabei lockern sie den Sand vorne mit ihren Stacheln und transportieren ihn über den Rücken hinweg nach hinten. Während der Wanderung muss regelmäßig ein neuer Atemkamin gebaut werden. Etwa 70 langen Kittfüßchen (20 cm), die über Klebedrüsen verfügen, schaffen einen Atemkamin zur Oberfläche und verklebt dessen Wände. 6 weitere Füßchen bauen einen "Auspuffkamin", der nach hinten in den Boden reicht und das Atemwasser ableitet. Ein kontinuierlicher Wasserstrom, der über den ganzen Herzigel nach unten fließt und dann nach hinten zum "Auspuff" strömt, wird von verbreiterten Stacheln (Clavulae) erzeugt. Da Herzigel keine Saugplatten an den Enden ihrer Füßchen besitzen, können sie sich auf glatten Oberflächen kaum fortbewegen und sind Feinden ausgeliefert, zumal ihre Schale wegen der vergrabenen Lebensweise sehr zerbrechlich ist. Herzseeigel haben im Gegensatz zu den regelmäßig fünfstrahligen Seeigeln (Regularia) ein Vorder und ein Hinterende. Wenn sie auf ein Hindernis stoßen, drehen sie deshalb erst den Körper und graben dann in die neue Richtung.
Nahrung Herzseeigel fressen feine Bodenpartikel und winzige Bodentiere, die sie langsam wühlend im Boden finden. Sie graben mit ihren Stacheln, die oft schaufelförmig verbreiterte Enden haben. Am Mund sitzen 40 lange Mundfüßchen, die Kieselalgen, Muschellarven und Kammerlinge aus dem umgebenden Boden herantransportieren. Der kräftige Kaudarm enthält neben der Nahrung auch große Mengen von Sand.
Fortpflanzung Der Herzigel vermehrt sich ähnlich "unerotisch" wie z.B. der Seestern, indem er einfach Eier und Spermien in großen Mengen ins Wasser abgibt. An der linken Körperseite der zunächst spiegelsymmetrischen Schwimmlarve wächst nach einigen Wochen ein fünfstrahliger Fortsatz, aus dem der spätere Herzigel entsteht. Der ursprüngliche Embryo schrumpft ein und wird abgeworfen. Anschließend macht die Herzigellarve noch eine Formänderung durch, denn Vorder- und Hinterende werden neu festgelegt. Dieser doppelte Wechsel des Bauplanes als Larve wiederholt im Zeitraffertempo die komplizierte Entstehung der Herzseeigel im Lauf der Evolution.
Jahreszyklus Die leeren Schalen sind besonders nach Winterstürmen an sandigen Küsten zu finden.
Hätten Sie gedacht, dass...
... die Tiere wegen ihres Aussehens in Dänemark „Seemaus“ heißen, was im Deutschen allerdings der Name für einen Borstenwurm ist?
  • ... Herzigel bei Fischern nur „Kartoffeln“ heißen?
  • ... die Stacheln der Herzigel sehr unterschiedlich geformt sind und teilweise sogar löffelförmig enden?
  • ... abgeflachte Stacheln als Fächer dienen, um im Wohngang einen Atemwasserstrom zu erzeugen?
  • ... Herzigel „moderne“ Seeigel sind, weil sie nicht mehr fünfstrahlig sind, sondern vor 200 Mio Jahren wieder Vorder- und Hinterende entwickelt haben?
  • ... die Larven der Herzigel die Evolutionsgeschichte „nacherleben“? Erst sind sie spiegelsymmetrisch, dann fünfstrahlig, dann erneut spiegelsymmetrisch.
  • ... Herzigel mit ihren Füßchen - anders als Seesterne - nicht auf glattem Untergrund laufen können, sondern sich nur grabend fortbewegen können?
  • ... es in der Nordsee 7 Arten von Herzigeln gibt, eine davon sogar violett mit „blonden“ Borsten?
Klassifikation Seeigel
Gewöhnlicher Herzigel in der WoRMS-Datenbank
Steckbriefbild:

Bildinformationen: Gewöhnlicher Herzigel

Autoren Rainer Borcherding
Lizenzbesitzer Schutzstation Wattenmeer
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Lizenz cc-by-sa 3.0
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